Die Romantik des Schmutzes

Wer kennt diesen Moment nicht? Am Ende eines Tages krönt die Sonne ihren Abgang (wobei genauer betrachtet eigentlich wir den Abgang machen und die Sonne bleibt, wo sie ist) mit einem phänomenal dramatischen Farbspiel aus roten, gelben und violetten Tönen, welche das Herz eines jeden Romantikers höher schlagen lassen. Doch was verewigen wir da eigentlich Millionenfach in unseren Fotoalben und Facebook oder Instagram Accounts?

Generell hat der Himmel fast die gesamte Farbpalette zu bieten. Ein wolkenloser Himmel erscheint uns tagsüber blau, obwohl sich dahinter die unendliche Schwärze des Weltalls befindet. Bei Sonnenauf- oder untergängen kommt noch rot, gelb und violett hinzu. Wie kommt es dazu, wo es doch stets die gleiche Sonne ist, die das Licht erzeugt? Sonnenlicht ist jener Teil, der von der Sonne ausgesandten elektromagnetischen Strahlung, den wir sehen können (sichtbares Licht, circa 780 – 380 nm). Die verschiedenen Wellenlängen entsprechen hierbei verschiedenen Farben. Dabei ist die Wellenlänge bei blauem Licht am kürzesten und bei rotem Licht am längsten. Obwohl uns die Sonne gelblich erscheint, setzt sich das sichtbare Licht aus allen verschiedenen Wellenlängen zusammen.

Auf dem Weg des Lichts von der Sonne zur Erde stößt das Licht auf Wiederstand und Hindernisse. So stößt es in der Atmosphäre mit Gasmolekülen wie Sauerstoff oder Stickstoff zusammen, die bewirken, dass das Licht umgelenkt, also gestreut wird. Bei der Lichtstreuung in der Atmosphäre an sehr kleinen Partikeln handelt es sich um Rayleigh-Streuung. Man spricht immer dann von Rayleigh-Streuung, wenn Strahlung an Teilchen gestreut wird, die kleiner als die Wellenlänge der Strahlung sind. Wie bereits oben erwähnt nimmt die Energie mit abnehmender Wellenlänge zu. Blaues Licht, mit der kürzesten Wellenlänge, ist also am energiereichsten. Das blaue Licht wird viermal mehr gestreut als rotes Licht, da die Leistung mit der die Teilchen die aufgenommene Strahlung wieder abgeben, umgekehrt proportional zur vierten Potenz der Wellenlänge dieser Strahlung ist.

Wer es ganz genau wissen möchte: Durch das Einwirken des Lichts einer bestimmten Wellenlänge, wird eine Kraft auf die Ladung des Moleküls und dessen Dipol ausgeübt, welches dadurch in Schwingung gerät. Die Schwingung entspricht der Frequenz der Ladung. Das Molekül beginnt in Folge dessen seine Polarität periodisch umzukehren und wird dadurch zu einer Art Minisender. Die abgestrahlte Leistung verhält sich proportional zum Quadrat des Dipolmomentes und zur vierten Potenz der Schwingungsfrequenz. Bei kleinen Wellenlängen erfolgt deutlich mehr Abstrahlung, da das Verhältnis der Dipolgröße zur Wellenlänge günstiger ist. Wie bereits oben erwähnt, wird aus diesem Grund blaues Licht viermal mehr gestreut als rotes Licht. Dies kann man sich auch anhand folgender Überlegung verdeutlichen. Taucht man seine Hand in eine Schale mit Wasser und bewegt sie schnell und gleichmäßig hin und her, entstehen viele kleine Wellen die sich in nahezu alle Richtungen ausbreiten. Bewegt man die Hand jedoch sehr langsam, entstehen längere Wellen, die kaum noch sichtbar sind.

Tagsüber, wo der Abstand der Sonne zur Erde geringer ist und weniger Strecke zurückgelegt werden muss, wird viel blaues Licht gestreut. Es wird dabei in alle Richtungen umgelenkt. Bei dieser Streustrahlung überwiegt also der Anteil des blauen Lichts deutlich und lässt den Himmel blau aussehen. Die Sonne erscheint dem Betrachter aufgrund des fehlenden Blauanteils gelb. Wo im Weltall, wie beispielsweise auf dem Mond, keine dichte Atmosphäre existiert und somit kaum Rayleigh-Streuung stattfinden kann, erscheint der Himmel im Übrigen auch tagsüber schwarz und die Sonne weiß (durch die Überlagerung der Spektralfarben).

Am Morgen bzw. am Abend ist die Strecke des Lichts durch die Atmosphäre jedoch viel länger. Das heißt, dass das Licht auf wesentlich mehr Streupartikel trifft. Dadurch wird ein großer Teil des blauen Lichts weggestreut, es wird von den Molekülen sozusagen abgefangen und kommt am Auge des Betrachters nicht mehr an. So bleibt überwiegend Licht mit langen Wellenlängen übrig. Dadurch erscheinen die Sonne und der Himmel rot, gelb oder violett. Dieser Effekt wird durch verschiedene Partikel in der Luft weiter verstärkt (Dunst, Aerosole und Staub). Viele dieser Partikel sind Verschmutzungen. Ein Entstehungsgrund von romantischen Sonnenuntergängen ist also nichts anderes, als Schmutzpartikel, die kurzwelliges Licht wegstreuen.

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